In der dynamischen und sich stetig verändernden Energiebranche gibt es Persönlichkeiten, die sich durch ihre visionäre Führung und ihr Engagement hervorheben. Eine solche herausragende Persönlichkeit ist Ute Römer, die als Vorständin der Stadtwerke Rostock maßgeblich an der Gestaltung einer nachhaltigen Energiezukunft für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger beteiligt ist. Zudem liegt ihr für eine gute Personalentwicklung am Herzen, damit auch künftige Generationen stärkenorientiert und nach ihren Talenten gewonnen werden können. Diese Herzensangelegenheit spiegelt sich auch in ihrer Rolle als ehrenamtliche Mentorin wider, Frauen bei ihrem beruflichen Aufstieg zu begleiten.
Im Interview mit Ute Römer - Vom Azubi zur Vorstandsfrau – eine Wegbereiterin für eine nachhaltige Energiezukunft und Mentorin bei „Aufstieg in Unternehmen“
Liebe Frau Römer, Ihre Karriere ist beeindruckend, angefangen als Auszubildende bis hin zum Vorstandsmitglied der Stadtwerke Rostock. Was hat Sie zu den Stadtwerken geführt?
„Mein Weg zu den Stadtwerken Rostock begann im Rahmen des Praxisunterrichts „Produktive Arbeit“ während meiner Schulzeit. Wir wurden als Schülerinnen dazu ermutigt, uns im Energiekombinat zu bewerben, da dort gezielt Stellen für Mädchen ausgeschrieben wurden. Ich interessierte mich für Mathematik und Physik, weshalb ich mir vorstellen konnte, in diesem Bereich tätig zu sein. Damals habe ich das Unternehmen nicht gezielt ausgesucht, sondern vielmehr die Tätigkeit selbst.“
Das klingt nach einem spannenden Einstieg. Sie haben Ihre Ausbildung als BMSR Mechanikerin im Heizkraftwerk abgeschlossen und sind anschließend berufsbegleitend zum Ingenieurstudium der Automatisierung der Verfahrenstechnik übergegangen. Wie verlief Ihre weitere Karriere innerhalb der Stadtwerke?
„Nach meiner Ausbildung habe ich weiterhin im Heizkraftwerk als BMSR-Mechanikerin gearbeitet. Die Zeit war geprägt von einem großartigen Miteinander und wir haben viel Zeit auch außerhalb der Arbeit miteinander verbracht. Im Laufe der Jahre habe ich dann in verschiedenen Bereichen der Energie- wirtschaft gearbeitet, darunter in der Erzeugung, der Gasversorgung und Elektroenergieversorgung. Als die Liberalisierung anstand, war ich an der Gründung der Projektgruppe für den Vertrieb beteiligt und erhielt die Chance den neugegründeten Vertrieb zu leiten. Schließlich habe ich fast 10 Jahre die Unternehmensentwicklung geleitet, bevor ich in den Vorstand berufen wurde.“
Gab es entscheidende Karriereschritte?
„Ein prägender Schritt in meiner Karriere war nach der Wende, als ich in einem Bereich bei der Kombinatsleitung arbeitete und von zwei Männern tatkräftig gefördert wurde. Die beiden Kollegen ermutigten mich, den Meisterschülern in Mathe und Physik zu helfen, da ihre Ausbildung durch die Veränderungen ins Stocken geraten war. Zwei Jahre lang brachte ich den Meisterschülern die Fächer bei, was ein besonderer und bedeutungsvoller Schritt für mich war, da ich eher introvertiert war und das Sprechen vor einer Männergruppe mir nicht zutraute.
Diese Erfahrung zeigte mir, dass Anstrengung und Unterstützung Großes bewirken können und ermutigte mich, weitere Herausforderungen anzunehmen.
Es war ein Wendepunkt in meiner Karriere, der mein Selbstvertrauen stärkte und mich dazu ermutigte, mein Potenzial auszuschöpfen. Vielleicht ist auch deshalb die Initiative von mir ausgegangen, mich für den Vorstandsposten zu bewerben.“
Sie waren die erste Frau im Vorstand der Stadtwerke AG und haben sich in einer eher männerdominierten Branche durchgesetzt. Wie haben Sie diese Zeit und die Veränderungen in der Branche erlebt?
„In der Tat war ich die erste Frau im Vorstand der Stadtwerke AG und ich bin der Meinung, dass wir insgesamt mehr Frauen in Führungspositionen brauchen. Es ist schwierig zu sagen, was sich verändert hat, da sich die ganze Gesellschaft und das Unternehmen verändert haben. Geschlechterzuweisung ist komplex, da jeder eine individuelle Persönlichkeit hat. In meinem Fall war es eine Herausforderung, da ich das Unternehmen gut kannte und mit vielen Kolleginnen und Kollegen gearbeitet hatte. Es war sowohl Fluch als auch Segen, da ich einerseits die Prozesse im Unternehmen gut kannte, andererseits aber auch zukunftsorientierte Entscheidungen treffen musste. Ich glaube, dass ich durch meine Arbeit Akzente im Unternehmen gesetzt habe, die jemand anderes vielleicht anders gesetzt hätte.“
Als Frau in einer Vorstandsposition haben Sie sicherlich auch eine Vorbildrolle für andere Frauen in der Branche eingenommen. Wie haben Sie diese Rolle empfunden und wie haben Sie sich für die Förderung von Frauen in Führungspositionen eingesetzt?
„Tatsächlich habe ich mich in meiner Rolle als Vorstand und als eine der wenigen Frauen in dieser Position nie als etwas Besonderes wahrgenommen. Für mich stand immer die Arbeit im Vordergrund, und ich habe mich für die Förderung von Frauen eingesetzt, indem ich ihnen Möglichkeiten und Chancen geboten habe, ihre Fähigkeiten zu entfalten. In unserem Unternehmen gab es bereits eine Reihe von Frauen in technischen Führungspositionen, und ich selbst war zuvor Prokuristin und die rechte Hand des Vorstandes. Gemeinsam haben wir daran gearbeitet, Frauen in der Energiebranche zu stärken und ihre Potenziale zu nutzen.“
Frau Römer, könnten Sie uns einige Ihrer wichtigsten Learnings aus Ihrer beeindruckenden Karriere schildern?
„Eine wichtige Erkenntnis war für mich, dass man sich selbst etwas zutrauen kann und auch den Mut zur Lücke haben darf. Nicht immer läuft alles hundertprozentig gleich ab, und das ist in Ordnung.“
Ich habe mich auch immer gern mit Menschen umgeben, die in bestimmten Bereichen besser sind als man selbst, um von ihnen zu lernen.
Wie beurteilen Sie die Situation für Frauen in Ihrer Branche?
„Grundsätzlich stehen die Chancen für Frauen in der Energiebranche gut. Es hängt jedoch auch stark von der entsprechenden Ausbildung ab. Eine Herzensangelegenheit von mir ist es, junge Frauen für technische Berufe zu begeistern. Für unser Unternehmen ist es uns in den letzten Jahren auch gelungen. Jedoch müssen wir feststellen, dass es rückläufige Bewerbungszahlen von Frauen für technische Ausbildungen und Studiengänge gibt. Das Potenzial und die Fähigkeiten sind definitiv vorhanden, und es ist wichtig, die Begeisterung für solche Berufe zu fördern und Frauen darin zu ermutigen.“
Die Ministerin für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz MV Jacqueline Bernhardt erkundigt sich über Berufschancen für Mädchen in der Energiebranche.
Was bedeutet für Sie persönlich gute Führung?
„Gute Führung setzt den Menschen in den Mittelpunkt und schafft gute Bedingungen für ihre Arbeit. Es geht darum, die richtigen Aufgaben für die Mitarbeitenden auszuwählen, die zu ihren Stärken passen und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Offenes Miteinander, Ehrlichkeit und Wertschätzung sind für mich Grundelemente einer guten Führungskultur. Zudem sollten sowohl die Führungskräfte als auch die Teammitglieder einander Feedback geben und einfordern.“
Ihr Unternehmen fördert Frauen gezielt, und Sie selbst sind Mentorin im Programm "Aufstieg in Unternehmen". Können Sie uns etwas mehr über diese Initiativen erzählen?
„Wir haben erkannt, dass es wichtig ist, Frauen gezielt zu fördern und ihnen Perspektiven aufzuzeigen. Insbesondere in Zeiten der Diskussion über Frauen in Führungspositionen und die Quote haben wir uns verstärkt mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Wir haben positive Erfahrungen gemacht, wenn Frauen in Führungspositionen eingebunden waren und die Teams gut gemischt waren. Aus diesem Grund setzen wir uns bewusst dafür ein, dass mehr Frauen den Weg in Führungspositionen einschlagen und unterstützen sie entsprechend.“
Mit dem Mentoringprogramm haben wir ein gutes Instrument zur Personalentwicklung in unserem Unternehmen etabliert und profitieren von den Strukturen, begleitenden Seminaren und natürlich von den Impulsen, die unsere Mitarbeiterinnen in der Zusammenarbeit mit ihren Mentor*innen gewinnen.
„Da ich selbst Mentorin bin, gewinne ich auch über unser Unternehmen hinaus, neue Eindrücke und sammele Erfahrungen, die wir wiederum für uns einsetzen können – eine gute Win-Win Situation!“
Was sind Ihrer Meinung nach wichtige Rahmenbedingungen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern?
„Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, sind heutzutage gute Rahmen- bedingungen, um Beruf und Familie gut miteinander zu verbinden. Wir legen großen Wert darauf, die Rahmenbedingungen für unsere Mitarbeitenden so zu gestalten, dass sie ihre familiären Verpflichtungen gut mit ihrem beruflichen Engagement vereinbaren können. Dies ist ein wichtiger Schritt, um Frauen eine optimale Entwicklung ihrer Karriere zu ermöglichen.“
Sie haben die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Bezug auf das Selbstvertrauen und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten angesprochen. Wie können wir diese Hürden überwinden und Frauen dazu ermutigen, sich mehr zuzutrauen?
Es ist entscheidend, dass wir Frauen ermutigen, sich selbst mehr zuzutrauen und auch den Mut haben, sich in Führungspositionen zu bewerben, selbst wenn sie vielleicht nicht zu 100% alle Anforderungen erfüllen.
„Fachlich stehen Frauen ihren männlichen Kollegen oft in nichts nach, das sollten wir stärker thematisieren und Frauen ermutigen, ihre Fähigkeiten selbstbewusst zu präsentieren. Mentoring und ähnliche Gelegenheiten bieten hier eine gute Möglichkeit, Frauen zu unterstützen und sie in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken.“
Sie haben auch die Bedeutung von Netzwerken für Frauen betont. Wie können wir das Netzwerken unter Frauen stärken und verbessern?
„Männer sind oft sehr geschickt darin, Netzwerke zu bilden und sich untereinander zu informieren. Frauen sollten diese Fähigkeit ebenfalls nutzen und sich gegenseitig unterstützen. Die Bildung von Frauen-Netzwerken, wie das von uns in Rostock initiierte Frauennetzwerk, kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Solche Netzwerke bieten die Möglichkeit, sich zu vernetzen, Informationen auszutauschen und einander zu unterstützen. Dadurch können Frauen ihre Stärke und Präsenz in der Gesellschaft stärken und als Gegenpool wirken, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht.“
Sie haben angesprochen, dass Frauen in manchen Fällen noch mit zweierlei Maß gemessen werden und länger „zappeln“ müssen, bis sie eine Führungsposition erreichen. Wie können wir gegen solche Vorurteile und Ungleichbehandlung angehen?
„Gegen Vorurteile und Ungleichbehandlung müssen wir aktiv vorgehen, indem wir offen darüber sprechen und den Finger in die Wunde legen. Es ist wichtig, mit Argumenten aufzutreten und auf Ungerechtigkeiten hinzuweisen. Zudem können Netzwerke dazu beitragen, Stärke zu demonstrieren und gemeinsam für Gleichberechtigung einzustehen. In unserer Zusammenarbeit mit der Oberbürgermeisterin als Schirmherrin des Netzwerkes Rostock Business und anderen relevanten Akteurinnen und Akteuren können wir das Thema in die Öffentlichkeit tragen und zeigen, dass die Beteiligung von Frauen in Führungspositionen ein Gewinn für die Gesellschaft ist.“
Was halten Sie von der Frauenquote? Kann diese Ihrer Meinung nach einen positiven Beitrag leisten?
„Es ist entscheidend, dass das Thema immer präsent bleibt und immer wieder aufgegriffen wird. Die Quote allein ist kein Selbstläufer, sondern wir müssen kontinuierlich daran arbeiten, die Chancengleichheit zu fördern und Frauen eine faire Möglichkeit zu bieten, in Führungspositionen aufzusteigen.“
Für wen sind Sie gerne Mentorin?
„Ich engagiere mich gerne als Mentorin für Frauen, die eine klare Vorstellung davon haben, was sie tun wollen, und die viele Fragen haben. Frauen, die den Mut haben, sich Herausforderungen zu stellen und ihr Potenzial entfalten.“
Eine letzte Frage: Zum Ende des Jahres gehen Sie in den wohlverdienten Ruhestand. Welche Pläne haben Sie für diese Zeit?
„Auf jeden Fall möchte ich weiterhin als Mentorin meine Erfahrungen weitergeben und Frauen in ihrer Entwicklung unterstützen. Zudem werde ich all die Dinge tun, für die ich bislang weniger Zeit hatte.“
Das klingt nach einem erfüllten Ruhestand. Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Zeit als Mentorin und für all Ihre Vorhaben. Vielen Dank für dieses inspirierende Gespräch und Ihre wertvollen Einblicke in Ihre Karriere und Pläne.
Was verbinden Sie mit dem Begriff "Tapetenwechsel"?
»Insgesamt ist der Begriff „Tapetenwechsel“ positiv besetzt und steht für die Möglichkeit, etwas Neues und Schönes zu erschaffen, sich Herausforderungen zu stellen und sich selbst weiterzuentwickeln.«
Was verbinden Sie mit dem Begriff "Einzigartigkeit"?
»Jeder Mensch ist einzigartig und etwas Besonderes. Diese Individualität verbindet sich mit Kreativität und macht uns großartig und wunderbar auf unsere Art und Weise. Sogar die kleinen Dinge können uns einzigartig machen.«
Was verbinden Sie mit dem Begriff "Lieblingsplatz"?
»Mein Lieblingsplatz ist dort, wo ich weit in die Ferne schauen kann, entweder ein Leuchtturm oder ein hohes Haus mit einer weiten Aussicht. Zu Hause schaue ich gern von meiner Lieblingsbank
über das Feld, von der aus ich den Sonnenuntergang im Sommer beobachten kann. Der Blick geht in Richtung Ostsee, auch wenn ich sie nicht genau sehen kann, aber ich spüre das Gefühl, dass die Sonne dort untergeht – ein wunderschönes Erlebnis.«
Steckbrief
Name:
Ute Römer
Jahrgang:
1959
Anzahl Kinder:
2 Kinder, Jahrgang 1983 und 1988
Hobbies:
Garten, Musik, Theater und Sport
Ehrenamtliche Tätigkeiten:
Vorständin im Theaterförderverein Rostock, Aufsichtsrätin HC Empor Rostock, Mitglied in verschiedenen Ausschüssen der Branchenvereine
Branche / Unternehmen:
Energieversorgung / Dienstleistung
Position:
Vorständin
Schwerpunkte der aktuellen Tätigkeit:
Vertrieb, Personal, IT und Transformation
Wie viele Mitarbeiter/innen sind Ihnen unterstellt?
ca. 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter